Der Kieler Tatort – für mich das Sonntag-Abend-Event schlechthin: schöne Bilder von Kiel und der Förde, schräge Geschichten und ein sehr norddeutscher Kommissar. Auch der neueste Tatort „Borowski und der freie Fall“ zeigt phantastische Bilder von Kiel und der Förde: den Germania Hafen und die Skandinavien Fähren. Die Drei-Feld-Klappbrücke hat sogar geklappt. Und am Ende sitzen Borowski und Brandt an der Förde und haben die Werft-Kräne im Blick. Die schönen Kieler Ansichten entpuppen sich als nicht das einzig Phantastische an diesem sonst eher öden Tatort.
Dabei wurde dieser Tatort in der Presse als ganz besonders angekündigt. Greift er doch den Fall Barschel auf. Leider wurden auch schon die witzigsten Dialoge vorher abgedruckt. Die historischen Fakten zum Fall Barschel sind gut in die fiktive Geschichte eingewoben. Die Idee, einen heute Ermordeten im Oktober 1987 als jungen Journalisten mit zwei Kollegen nach Genf reisen zu lassen, ist prima. Das tatsächliche Mordmotiv schwach. Und dass der Fall Barschel in einem Fernsehfilm nicht aufgeklärt wird, war von vornherein klar. Wer den Fall Barschel nicht kannte, hat sicher was gelernt. Ich habe mich gelangweilt.
Mittendrin koche ich mir zweimal Tee und als der Livestream um 21.22 Uhr zusammenbricht, sonst ein unsägliches Ärgernis, bringt mich das nicht wirklich auf. Minuten später kann ich weiter gucken und ich bin mir sicher, ich habe nichts verpasst. Doch ziemlich am Ende wird es plötzlich spannend: Ein junger Mann steckt seinen Kopf ins Büro von Borowski und Brandt und erklärt, er konnte den Professor nicht vom Bahnhof abholen, weil dieser nicht da war. Keine besondere Szene. Eigentlich. Spannend an der Szene ist, dass ich in diesem jungen Mann einen Studenten aus der WG in unserem Haus zu erkennen glaube. Ich kann mich heute Morgen noch zurückhalten, bei der WG zu klingeln und zu fragen. Wenn ich ihn im Treppenhaus treffe, spreche ich ihn drauf an. Auf jeden Fall. Und den nächsten Kieler Tatort schaue ich auch. Auf jeden Fall.