Eine Leiche im Kofferraum

Als ich neulich an der Förde entlang gehe, sehe ich auf dem oberen Parkdeck eines Parkhauses einen Mann mit grauem Pulli und schwarzer Jacke an der Brüstung stehen und auf die Förde schauen. Von der Straße aus kann ich nicht sehen, was er beobachtet. In meiner Phantasie starrt er einfach vor sich hin und sinniert über die Leiche in seinem Kofferraum.

Er denkt an die Leiche im Kofferaum. Seit heute Morgen fährt er sie herum. Er kann sich einfach nicht von ihr trennen. Sie sind zu seinen Lieblingsplätzen gefahren und er hat ihr davon erzählt. Vom Bistro am Strand, dem Wäldchen. Sogar in Hamburg war er mit ihr. Langsam muss er sich etwas überlegen. Er kann sich nicht trennen von ihr. Bald wird er ihren Tod nicht mehr verheimlichen können; vor den Nachbarn nicht; vor Bekannten. Freunde hat er keine. Er hatte nur sie. Bald wird sie anfangen zu stinken. Dann ist sie nicht mehr weich und kuschelig.

Er starrt auf die Förde. Soll er sie einfach in einen Sack stecken und ins Wasser werfen. Kurz hatte er angedacht, sie in den Müll zu werfen. Er könnte ihr ein Grab im Garten schaufeln, sie hineinlegen und einen Stein aufstellen. Er hat keinen Garten. Er wollte sie im Wald vergraben. Da hätte sie vielleicht jemand gefunden. Das wollte er nicht.

Eine Fähre tutet. Er schreckt aus seinen Gedanken. Auf der Straße geht eine Frau vorbei. Neben ihm steigt ein altes Paar in ein Auto. Ein Stoffhase sitzt auf dem Rücksitz. Jetzt weiß er, was er machen wird. Er wird seine Katze präparieren lassen. Dann bleibt sie für immer bei ihm.

Und in Wirklichkeit ist wahrscheinlich alles ganz anders.

4 Gedanken zu „Eine Leiche im Kofferraum

  1. Eine wunderbare Geschichte…um den Leser weiter zu inspirieren würde für mich der letzte Satz lauten: „Ich gehe an ihm vorbei; auf der Suche nach einer neuen Katze.“

    Viele Grüße
    Jörn 🙂

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